Samstag, 17. Juli 2010

Slow Reading oder Langsames Lesen

Soeben las ich einen Artikel im Guardian über die Kunst des langsamen Lesens und stellte fest, dass ich genauso vom Skimming-Virus befallen bin, von dem der Autor des Artikels spricht. Skimming nennt sich das überfliegende Lesen - jene Art von flüchtigem, unkonzentriertem Lesen, die am besten Studenten und Internetnutzern vertraut ist. Es ist äußerst praktisch, sie zu beherrschen - denn es gibt Meilen und Meilen Onlineinhalte, langweilige aber notwendige Texte fürs Studium oder Gebrauchsanweisungen (vor kurzem lehnte ich stolz einen Übersetzungsauftrag ab: Es ging um eine 30seitige Gebrauchsanweisung für einen Schoko-Springbrunnen...). Es gibt aber auch zahllose Texte, die man einfach langsam lesen MUSS. Genießen, auf der Zunge zergehen lassen. Auf keinen Fall auch nur einen Satz überspringen.

Vor ein paar Monaten kaufte ich wieder mal ein Buch zu "Speed Reading" - ab und zu fange ich an, panisch nach Möglichkeiten zu suchen, meine Lesegeschwindigkeit zu erhöhen, weil ich das Gefühl habe, ich schaffe niemals, all das zu lesen, was ich lesen muss oder will. Mittlerweile habe ich eine neue Einstellung verinnerlicht: Alles kann man gar nicht lesen, deswegen geht man selektiv vor: Manche Texte muss man skimmen, sonst stirbt man vor Langeweile, andere hingegen sollte man wie Gourmet-Schokolade genießen - LANGSAM...

Bildquelle: Guardian

Samstag, 10. Juli 2010

Bücher besitzen

Ich finde, es ist ein gaaaaanz schwieriges Thema. Einerseits ist es ein tolles Gefühl, mit Büchern vollgestopfte Regale zu sehen und zu denken: MEINE Bibliothek... Andererseits ist es ein fast noch tolleres Gefühl, ein Buch zu lesen und es dann wieder loszuwerden. Weil man dann nämlich das Gefühl hat, das Buch im Kopf gespeichert zu haben, eine Erinnerung daran, wie die Lektüre war - vielleicht ein paar Zitate im Kopf. Und es reicht vollkommen! Natürlich, mit Ausnahme der Bücher, die man gerne wiederlesen möchte. Aber sind wir mal ehrlich: Wie viele Bücher liest man immer und immer wieder? Okay, Klassik. Ich würde niemals meinen Kafka weggeben oder Remarque oder Dostojewski. Aber Belletristik a-la Cecelia Ahern? Schön, dass es sie gibt, aber es reicht doch, die Bücher einmal gelesen zu haben, oder? Und auch für den Fall, dass man ein bestimmtes Buch von Frau Ahern oder Nick Hornby oder sonstwem nochmal lesen möchte, es lässt sich jederzeit wieder auftreiben!
Meine Faustregel diesbezüglich lautet: Wenn ich ein bestimmtes Buch auch mal jemandem stolz ausleihen möchte und dazu sagen "Lies mal, das ist soooooooo toll!!" (z. B. Jasper Fforde oder Peter Hoeg), dann behalte ich es in meinem Regal. Das gilt natürlich auch für akademische Bücher - mit denen arbeitet man nun mal immer wieder oder ständig. Und alles andere wird gekauft, gelesen und wieder verkauft. Was mir übrigens auch erlaubt, eine beliebige Hardcover-Neuerscheinung zu erwerben - normalerweise fände ich 20-25 Euro eher viel für ein Buch (ja, ja, in Riga kriegt man ein Hardcover immer noch für billiger :), und so geht es!
Doof wird es nur, wenn ich mal wieder einen Stapel Bücher gekauft habe, innerhalb von 12 Monaten nicht dazu kam, sie zu lesen, dann wieder bittere Vorwürfe von meinem Mann kassiert, der es beim besten Willen nicht verstehen kann, wozu frau immer so viele Bücher kaufen muss, die sie nicht liest, und darauf hin bekomme ich schlechtes Gewissen und verkaufe die ungelesenen Bücher wieder auf Amazon Marketplace oder, neuerdings, auf Booklooker. Tolle Strategie, oder?
Auf jeden Fall bin ich auf eine Errungenschaft von mir richtig stolz: Ich kann mich relativ mühelos von Dingen trennen, von Büchern eben auch. Eine ziemlich wichtige Eigenschaft, finde ich. Oder? :)

Und dann gäbe es noch das Thema "materieller vs. geistiger Besitz", aber dafür ist es mir heute eindeutig zu heiß, sorry ;-) Die Quintessenz meiner Überlegungen dazu lässt sich jedoch wie folgt zusammenfassen: Bei manchen Büchern ist es überhaupt nicht notwendig, sie ständig im Regal zu haben, um sich daran zu erinnern, was drinsteht: "Catcher in the Rye" zum Beispiel habe ich, glaube ich, nie besessen, aber es ist nach wie vor eins meiner Lieblingsbücher und mich beruhigt die Tatsache, dass ich es jederzeit auftreiben kann, wenn ich Lust haben sollte, es wieder zu lesen. Das ist so befreiendes Leichtigkeitsgefühl (hallo Herr Kundera :) - etwas nicht materiell zu besitzen, sondern eben geistig. So. Genug sophisticated thoughts for today :-) Und da ich definitiv NICHT über Fußball schreiben werde, verschwinde ich erstmal... :-)

Sonntag, 4. Juli 2010

Hörbares Wissen

Ich mag keine Hörbücher. Ich weiß, ich weiß - es ist furchtbar fortschrittlich, beim Gehen, Joggen, Shoppen, Zugfahren usw. Hörbücher zu hören. Man spart Zeit, kann gleichzeitig etwas Anderes tun (Stichwort: Multitasking!!) und überhaupt, es ist unglaublich praktisch. So. Und ich mag sie trotzdem nicht. Ich mag es nicht, dass man den Text nicht sieht, dass man nicht vor- und zurückblättern kann (klar, kann man, aber es ist anders, als bei einem Papierbuch), dass man nicht bestimmte Passagen nochmal lesen kann, dass man von der Stimme des Sprechers abhängig ist - mag man sie nicht, so ist der Eindruck vom ganzen Buch meist hinüber. Letztens hörte ich z.B. Schirrmachers "Payback" und musste mit Verdruss feststellen, dass mir die Stimme des Autors gar nicht zuspricht. Meines Erachtens muss der Autor gar nicht zwingend sein Buch vorlesen - manche können phantastisch schreiben und überhaupt nicht vorlesen, oder eben umgekehrt! (bei den Büchern von Elke Heidenreich z.B. mache ich die große Ausnahme: Die hört man am liebsten von der Autorin gesprochen, es ist dann ein doppelter Genuss!) "Payback" hat deswegen auch Pech gehabt: Ich habe das Buch nie zu Ende gehört, es ging einfach nicht. Ich verlor ständig den Faden und musste immer wieder zurückspulen, und irgendwann wusste ich überhaupt nicht mehr, was ich gehört habe. Das Hörbuch hat mir somit den Geschmack auf das Buch völlig ruiniert: Das Papierbuch hatte ich mir nämlich auch gekauft, und hatte dann gar keine Lust mehr, es zu lesen, obwohl mich das Thema brennend interessiert! (dazu muss ich mal separat etwas schreiben - es gibt immer mehr Bücher zum Thema "Mensch vs. digitale Technik", scheiterndes Zeitmanagement usw. Ich finde, es gibt einem zu denken - die Tatsache, dass es immer mehr solche Bücher gibt! oder?)
Und noch eines: Bei fremdsprachigen Hörbüchern oder Audioausgaben von Zeitschriften o.ä. fällt es mich außerdem besonders schwer, mich überhaupt auf den Inhalt zu konzentrieren. Um die Audioversion vom Economist (gibt es, ist sogar richtig qualitativ gemacht!) in vollen Zügen zu genießen, müsste ich mich wahrscheinlich meditativ auf den Teppich in meinem Zimmer legen, die Augen schließen, und nichts anderes tun - wirklich nur hören. Und dann würde ja die Audioversion überhaupt nicht mehr ihren Sinn und Zweck erfüllen: Zeit sparen!

Ich mag eben keine Hörbücher. Hörspiele sind etwas anderes - als Kind hatte ich eine ganze Sammlung davon und liebte es über alles, sie zum zigtausendsten Mal zu hören und zu zeichnen oder zu malen. Aber ein Hörspiel zu hören ist so ähnlich wie einen Film anzuschauen - man muss sich drauf konzentrieren, so nebenbei geht es gar nicht.

Bildquelle